Zu unserem ersten Ziel dieser Reise steigen wir am Bahnhof Kanchanaburi der „Death Railroad“ aus.
Diese Eisenbahnlinie wird so genannt, weil die Japaner im Zweiten Weltkrieg bis zu 70.000 alliierte Kriegsgefangene und rund 200.000 asiatische Zwangsarbeiter eingesetzt haben, um sie zu bauen. Man braucht nicht viel Fantasie, um nun darauf zu kommen, wie der Name „Death Railroad“ entstanden ist, so erschreckend diese Gedankengänge auch sind.
An einem Gebäude in der Nähe wurden Fotografien aus dieser Zeit angebracht. Es ist nicht das erste Mal, dass wir unvorbereitet in eine Ausstellung zu diesem Thema geraten*, und wieder lässt es mich völlig verstört zurück. Was Menschen anderen Menschen antun können ist unbegreiflich.
Den Besuch der riesigen Friedhöfe hatten wir eigentlich nicht vor, aber man kommt zwangsläufig an ihnen vorbei, wenn man hier durch die Gegend läuft. Die Toten der „Death Railway“ sind hier allgegenwärtig.
Aber was hat diese thailändische Eisenbahnlinie mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun? Ich muss zugeben, ich habe keine Ahnung.
Über den Zweiten Weltkrieg in Europa habe ich ein recht umfangreiches Bild, aber in Asien? Klar, Hiroshima und Nagasaki sagen mir etwas, und in diesem Zusammenhang auch Pearl Harbor, aber dann wird es schon recht dünn mit meinem geschichtlichen Wissen.
Zum Glück gibt es das Internet. Reisen bildet, auch auf diese Art.
Die Brücke am Kwai
Der bekannte Film „Die Brücke am Kwai“ („The Bridge on the River Kwai“) thematisiert den Bau dieser Eisenbahnlinie. Und genau diese Brücke befindet sich hier in Kanchanaburi.
Offensichtlich haben alle außer mir diesen Film gesehen. Und so möchte jeder Tourist hier einmal über diese Brücke gehen.
Alle paar Meter befindet sich ein Sicherheitsplateau, auf das man sich retten kann, wenn ein Zug sich laut pfeiffend ankündigt.
Betrunken für 30 Cent
Auf unserer Unterkunftssuche gehen wir durch das Touristen-Barviertel von Kanchanaburi. Das Schild einer Bar dort verspricht, dass man sich hier für 10 Baht betrinken kann, das sind umgerechnet nicht einmal 30 Cent.
Ich bin gespannt, was uns hier abends erwartet.
Abends ist es dann so, dass die meisten Bars bevölkert sind von bierbäuchigen Männern fortgeschrittenen Alters und jungen Thai-Mädchen. Genau so habe ich mir das in Thailand vorgestellt. Schade, dass Vorurteile immer wieder bestätigt werden.
Rock-Festival im Bett
Wir finden eine Unterkunft mit einfachen Bungalows am und auf dem Fluss. Da hier kaum jemand ist, haben wir freie Auswahl und nehmen das vorderste Bungalow, direkt am Ufer.
Es könnte richtig idyllisch sein, wenn nicht auf der anderen Seite des Flusses ein Rockkonzert stattfinden würde. Die Lautstärke ist gewaltig und die Bässe bringen unsere Hütte zum Scheppern. An Schlaf ist nicht zu denken, also nehmen wir sozusagen an dem Konzert teil.
Von den drei Bands, die wir mitbekommen, ist die zweite sogar richtig gut, thailändischer Punkrock.
Die dritte Band ist dann eher anstrengend, finde ich, und eigentlich wollte ich ja auch schlafen...
Die Fahrplananzeige
Morgens machen wir uns auf den Weg in den Nationalpark Erawan. Da wir früh dran sind, gehen wir die knapp vier Kilometer zum Busbahnhof zu Fuß, wobei es allerdings mitunter etwas schwierig ist, durch die Straßen zu kommen.
Ich habe befürchtet, dass es am Busbahnhof aufwändig wird herauszufinden, welchen Bus wir nehmen müssen. Zahlreiche Odysseen auf lateinamerikanischen Busbahnhöfen spuken da in meinem Kopf herum.
Aber in Thailand ist wie immer alles ganz einfach: Die Busse haben fest zugewiesene Bussteige und an jedem Bussteig befindet sich eine Tafel mit der Zielangabe und den Abfahrtszeiten.
Die Abfahrtszeiten werden sogar laufend aktualisiert.
Aber solange man hier auf den breitgetretenen Touristenpfaden bleibt, und das machen wir derzeit, muss man sich eigentlich um gar nichts kümmern, nicht einmal Abfahrtstafeln muss man lesen: Kaum entdeckt uns der Busfahrer, kommt er schon auf uns zu und lotst uns zu seinem Bus. Schließlich ist davon auszugehen, dass wir als Touristen nach Erawan wollen, so wie alle.
Wasserfälle
Mit Wasserfällen schafft es die Natur immer wieder aufs Neue zu begeistern. So auch hier mit den Erawan-Wasserfällen.
Die Wasserfälle bestehen aus sieben Ebenen, zu denen man über recht gut ausgebaute Wege und Treppen gemütlich hinauf spazieren kann.
Jede Ebene der Wasserfälle bietet ein anderes Bild. Es bleibt also spannend.
Laut Reiseführer ist der Weg zu den letzten Ebenen schwieriger.
Allerdings war der Autor wohl schon längere Zeit nicht mehr da, denn mittlerweile führen statt des alten Wegs, der mitunter etwas Klettern erforderlich macht, neue breite Treppen und Stege bis nach oben.
Und somit kommt man völlig entspannt an der siebten und letzten Ebene an.
Es war gut, dass wir gleich den ersten Bus hierher genommen haben. Denn es füllt sich hier rapide. Wo wir beim Hinweg noch allein waren, tummeln sich jetzt beim Rückweg unzählige Leute im und am Wasser, dank der Schwimmwesten nicht zu übersehen.
Wir hingegen nehmen den nächsten Bus zurück nach Kanchanaburi.
Zu spät!
Am nächsten Tag wollen wir weiter zu unserem nächsten Ziel, Ayutthaya.
Laut Lonely Planet fahren Busse nach Suphanburi alle dreißig Minuten, von dort kommen wir dann weiter nach Ayutthaya. Das klingt schon mal gut.
Laut Internet verkehren die Busse allerdings nur stündlich. Und als wir dann vor Ort am Busbahnhof sind, sehen wir, dass ein Bus um 11:00 Uhr und der nächste erst um 13:30 Uhr fährt. Es ist 11:05 Uhr.
Lektion gelernt: Vergiss Reiseführer und Internet, erkundige dich immer vor Ort!
Wie haben keine Lust, nun zweieinhalb Stunden hier zu warten, um dann stundenlang in ungemütlichen engen Bussen zu sitzen, und nehmen einen Privattransfer. Und somit sitzen wir nun in einem dieser Menschen-Viehtransporter (oder wie man diese Pickups mit umzäunten Sitzbänken hinten drauf auch immer nennt) und lassen uns nach Ayutthaya schaukeln.
Land: | Thailand |
Ort: | Kanchanaburi |
Reisedatum: | 03.11.2022 - 06.11.2022 |
Autor: | Manuel Sterk |
Veröffentlicht: | 08.11.2022 |
Leser bisher: | 56 |
*) Allen aus der Region Stuttgart kann ich die Ausstellung im alten Engelberg-Autobahntunnel bei Leonberg ans Herz legen. Insbesondere auch als Anregung für aktuelle Diskussionen zum Thema Flüchtlingsaufnahme aus Kriegsgebieten. Aber es wäre gut, wenn man vorbereitet ist auf das, was einen da erwartet, denn wir sind durch Zufall während einer Fahrradtour dort gelandet und waren alles andere als vorbereitet auf dieses erschreckende Thema unserer Geschichte.
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