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Thailand
Lampang

Arbeitslose Elefanten

Lesedauer: ca. 9 Minuten

Unzählige Elefanten sind in Thailand arbeitslos geworden, nachdem sie nicht mehr als Arbeitstiere gebraucht wurden. Und mit ihnen ihre Führer, die oftmals zugleich auch ihre Besitzer sind, die Mahouts.
Als neues Betätigungsfeld hat sich dann die boomende Tourismusindustrie angeboten. Und somit tragen die Elefanten nun anstatt Baumstämme Touristen durch die Gegend und anstatt der für ihre Arbeit wichtigen Handgriffe (beziehungsweise in diesem Fall wohl eher: Rüsselgriffe) werden ihnen Zirkusnummern beigebracht.

Ob sich dadurch für die Elefanten etwas verbessert hat, bezweifle ich, aber immerhin sorgen sie so weiterhin für ein Einkommen, von dem ihr Futter bezahlt werden kann.

Zumindest war das bis zum Beginn der Corona-Pandemie so. Als dann plötzlich keine Touristen mehr da waren, sind die Elefanten das zweite Mal arbeitslos geworden.
Tausende Elefanten hungern daraufhin, viele sind bereits gestorben.

Der Zwischenstopp

Durch Zufall sehen wir auf der Karte, dass sich auf unserer Strecke Richtung Chiang Mai das „Thai Elephant Conservation Center“ befindet. In dieser Einrichtung kümmert man sich um die Elefanten, lesen wir, sogar ein Elefanten-Krankenhaus gibt es dort.

Das möchten wir uns ansehen und steigen in der nächstgelegenen Stadt, Lampang, aus dem Bus aus.

Die Facebook-Fahrplanauskunft

Am Busbahnhof erkundigen wir uns, wie wir morgen früh am besten zu dem Elephant Conservation Center kommen und wie anschließend von dort weiter nach Chiang Mai.
Beziehungsweise: Wir versuchen, uns zu erkundigen. Denn Englisch spricht hier so gut wie niemand.

Nadine probiert, am Ticketschalter trotz der Sprachbarriere an Informationen zu kommen. Eine der beiden Mitarbeiterinnen schaut immer wieder konzentriert auf ihren Bildschirm und tippt etwas ein. Sucht sie für uns die passenden Verbindungen heraus?

Nicht ganz: Sie blättert durch ihren Facebook-Feed und schaut sich interessiert Selfies ihrer Freundinnen an.
Offensichtlich hat sie vergessen, dass der Außenbildschirm zum Kundenbereich noch eingeschaltet ist. Ich schaue mir die Selfies also mit an.

Nach einiger Zeit habe ich genug Selfies gesehen und wir meinen herausgefunden zu haben, dass halbstündlich Busse fahren, deren Fahrer uns bei den Elefanten aussteigen lassen können. Von dort weg kommen wir aber nicht mehr, da man die Busse anscheinend nicht einfach an der Straße anhalten kann.
Nadine fragt nach, ob wir die restlichen siebzig Kilometer nach Chiang Mai dann zu Fuß gehen müssten. „Yes, hihihihihi“ ist die Antwort.

Sightseeing in Lampang

Wir denken, dass sich das mit der Weiterfahrt schon irgendwie ergeben wird, wenn wir morgen vor Ort sind, und nutzen den restlichen Tag für eine Sightseeing-Tour durch Lampang.

Die wichtigste Sehenswürdigkeit hier, lesen wir im Internet, sind alte Teak-Häuser in der Altstadt beim Fluss, in denen Cafés untergebracht sind.
Also gehen wir Kaffee trinken.

Eine weitere Attraktion Lampangs scheinen Kakerlaken zu sein: Als wir abends ein Restaurant suchen, wuselt es nur so von ihnen auf den Bürgersteigen. Soviele Kakerlaken wie hier haben wir während unserer bisherigen Reise zusammengenommen nicht gesehen.

Durch die Autos hindurch zu den Elefanten

Die Busfahrt am nächsten Morgen klappt problemlos und wir steigen auf Höhe des Elephant Conservation Center aus.
Nun müssen wir nur noch die mehrspurige Autobahn überqueren.

Aber auch das gelingt uns. Sogar ohne uns dabei überfahren zu lassen.

Der riesige Parkplatz vor dem Eingangsbereich ist komplett leer. Auch am Ticketschalter ist niemand, obwohl laut der aushängenden Öffnungszeiten bereits geöffnet sein müsste.
Aber irgendwann taucht dann doch noch jemand auf.

Wir dürfen unsere Reiserucksäcke beim Ticketschalter lassen und werden mit einem Shuttlebus auf das Gelände gefahren.

Die Elefanten dort sind alle angekettet. Klar, vermutlich würde es nicht gut ausgehen, wenn die Touristen hier zwischen freilaufenden Elefanten umherspazieren würden, trotzdem ist es ein deprimierender Anblick.

Elefantenreiten

Es dauert noch eine gute Stunde, bis weitere Touristen kommen. Und der erste Gang führt alle direkt zur Elefantenreiten-Station.

Den meisten Touristen scheint es nicht auszureichen, Tieren nahe zu sein und sie zu beobachten, sie müssen offenbar unbedingt auf ihnen reiten. In der einen Weltregion auf Kamelen, in der anderen eben auf Elefanten.

Und so wird ein Elefant nach dem anderen startklar gemacht, um Touristen auf einer Art Thron durch die Gegend zu tragen. Besonders tierfreundlich wird das nicht sein, vermute ich.

Der Kuss

Während wir auf das angekündigte Baden der Elefanten warten, kommt von hinten ein Elefant auf Nadine zu. Mit seinem Rüssel gibt er ihr einen Kuss.

Das kann man niedlich und süß finden. Sofern man nicht berücksichtigt, dass das sicherlich keine von dem Elefanten gewollte Aktion war, sondern dass er von seinem Mahout das entsprechende Kommando hierfür bekommen hat. Und dass ihm dieses Verhalten unter Bedingungen beigebracht wurde, die ich besser nicht genau wissen möchte.

Das Elefantenbad

Nun werden die Elefanten von ihren Mahouts ins Wasser geführt

Manche Elefanten haben zusätzlich zu ihrem Mahout einen Touristen auf dem Rücken.

Die Elefanten spritzen nun mit ihrem Rüssel die Touristen ab.

Manche der Touristen verlieren das Gleichgewicht und fallen ins Wasser. Die Elefanten helfen dann dabei, dass sie wieder auf ihnen zum Sitzen oder Stehen kommen.
Kurzum: Zumindest die Menschen hier haben einen riesigen Spaß bei dieser Aktion.

Die Show

Zwei Elefanten halten einen langen Holzstab mit einer Trommel in der Mitte, ein dritter Elefant trommelt mit seinem Rüssel auf dieser Trommel.
So marschieren die Elefanten zum Showgelände.

Dort führen die Elefanten vor, was ihnen so alles beigebracht wurde. Fahnenhissen, Glockenläuten und vieles mehr.

Auch Situationen aus dem früheren Arbeitsalltag der Elefanten werden vorgeführt.

Sofern man die Hintergründe ausblenden und die Elefantenhaken in der Hand der Mahouts ignorieren kann, ist das alles wirklich sehr beeindruckend.

Mit gemischten Gefühlen verlassen wir dann irgendwann das Gelände.
Die rund zwei Kilometer zum Eingang wollen wir zu Fuß gehen und nicht den Shuttlebus nehmen. Dabei geraten wir allerdings auf einen kleinen Pfad, der vermutlich nicht für Touristen, sondern für Elefanten vorgesehen ist.

Und somit befürchten wir den ganzen Weg über, dass plötzlich ein Elefant um die Ecke kommt. Aber es geht alles gut, wir begegnen niemandem, auch keinem Elefanten.

Die Weiterfahrt

Am Ticketschalter holen wir unsere Rucksäcke ab und fragen nach, wie wir nun von hier wegkommen. Gar nicht, das ist die Antwort.

Hierher kann man eigentlich nur mit dem eigenen Auto oder einer organisierten Tour kommen.

Und fällt nichts besseres ein als zu trampen. Ob das hier klappen wird?

Bereits das erste Auto hält an. Ein junges thailändisches Pärchen mit ihrem Baby auf einem Wochenendausflug nach Chiang Mai, also genau dorthin, wo wir auch hin wollen.
Wir können es den beiden nicht einmal ausreden, dass sie uns dort bis zu unserer Unterkunft fahren - schneller und komfortabler hätten wir also definitiv nicht nach Chiang Mai kommen können.

Land:Thailand
Ort:Lampang
Reisedatum:11.11.2022 - 12.11.2022
Autor:Manuel Sterk
Veröffentlicht:18.11.2022
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