Meine Reiseerzählungen drehen sich bekanntlich zumeist nur um belanglose Alltagssituationen. Somit passt es thematisch gut dazu, dass wir nun unsere Wäsche waschen müssen.
Wir fragen den Besitzer unserer Unterkunft, ob wir seine Waschmaschine benutzen können, und ja, für 20.000 Peso (rund 4,70 Euro) könnten wir das. Perfekt.
Als ich dann seine Frau, die wir aus leicht vorstellbaren Gründen „der Hausdrache“ nennen, später darauf anspreche, sagt sie uns, dass ihr Mann uns falsch informiert habe. Die Waschmaschine könnten wir nicht benutzen, sie hätte selbst viel zu viel Wäsche zu waschen, aber sie könnte einen Wäscheservice für 2.000 Peso pro Kleidungsstück anbieten. Ich habe jetzt die exakte Anzahl unserer Kleidungsstücke nicht im Kopf, aber auf alle Fälle ergäbe das deutlich mehr, als wir ausgeben wollen.
Ich spaziere durchs Dorf, um dort eine Wäscherei zu suchen, finde aber keine.
In El Valle gibt es zahlreiche Treffpunkte, wo sich immer eine ausreichende Anzahl Einheimischer aufhält, so dass man sich wegen irgendwelcher Angelegenheiten erkundigen kann. Das Problem ist nur, dass es auf eine Frage niemals eine einheitliche Antwort gibt. Als wir beispielsweise nach der Abfahrtszeit des Bootes nach Nuquí fragen, bekommen wir Informationen zwischen „immer um sieben Uhr morgens“ und „frühestens um ein Uhr nachmittags“. Der letzte Stand ist dann, dass wir um halb elf am Abfahrtstag zur Bäckerei gehen sollen, um dort nach Miguel zu fragen.
Jedenfalls, ich gehe nun zu einem dieser Treffpunkte, einem Obstsalat-Laden. Dort bekommt man zwar derzeit keinen Obstsalat, und zwar aus dem einfachen Grund, weil kein Obst vorrätig ist, aber auch ohne Waren ist hier immer etwas los: Eine Nachbarin steigt aus einem Tuk-Tuk aus, offensichtlich war sie beim Einkaufen. Sie packt ihre Einkaufstüte aus und präsentiert allen, was sie Tolles eingekauft hat: Einen Plastikkorb mit einem eigenartigen halbrunden Deckel, deren Funktion ich mir nicht ganz erklären kann, und ein Putzmittel, an dessen Flaschenende man direkt einen Schwamm aufsetzen kann. Wie praktisch! Jeder muss nun an dem tollen Putzmittel riechen und bestätigen, wie gut es duftet.
Heute besteht die Runde hier aus Aníbal, unserem Vermieter vor sechs Jahren, als wir das erste Mal in El Valle waren, seiner Schwester Pinar, die die Besitzerin des obstlosen Obstsalat-Ladens ist, und ein paar weiteren Frauen. Ich schildere mein Wäsche-Problem, aber niemand weiß etwas von einer Wäscherei. Und alle waschen ihre eigene Wäsche von Hand, niemand hat also eine Waschmaschine.
Ich bekomme das Angebot, unsere Wäsche vorbeizubringen, man würde sie für uns von Hand waschen, aber das möchte ich nun doch nicht.
Es entwickelt sich als nächstes die Idee, eine Waschmaschine auszuleihen.
Das hört sich vermutlich etwas seltsam an, ist aber etwas, was in Kolumbien durchaus üblich ist: Die Waschmaschine wird dann auf dem Moped oder mit einem Tuk-Tuk geliefert und nach Ende der Mietzeit wieder abgeholt.
Die Waschmaschinen hier sind nicht wie bei uns tonnenschwere Monster (jeder, der einen Umzug hinter sich hat oder bei einem mitgeholfen hat, weiß, was ich meine), sondern relativ leichte Plastikkästen, in denen im linken Teil gewaschen wird und rechts in einer kleinen Plastiktrommel geschleudert werden kann.
Das Wasser wird über einen Gartenschlauch eingefüllt und später durch Aufdrehen eines Ventils wieder herausgelassen. Im Normallfall fließt die Lauge dabei direkt ins Erdreich, da man die Waschmaschinen in der Regel im Freien aufstellt.
Eine der Frauen erkundigt sich per Telefon: 5.000 Peso würde das Ausleihen pro Stunde kosten. Eigentlich eine gute Idee, weil dann könnte jeder hier gleich seine Wäsche mit waschen, wird von allen Anwesenden hinzugefügt, aber letztendlich wird das Ganze dann doch wieder verworfen. Die Gründe habe ich nicht ganz verstanden, nur dass die gleichzeitige Voraussetzung von Wasser und Strom dabei eine Rolle spielt und dass es vielleicht doch zu aufwändig sei, warum auch immer.
Wir werden also unsere Wäsche von Hand waschen müssen.
Zurück in unserer Unterkunft hat dann unser Hausdrachen plötzlich doch noch eine Idee: Weiter hinten steht eine alte vollautomatische Waschmaschine, die aber leider nicht mehr richtig funktioniert, sagt sie uns, und für die vereinbarten 20.000 Peso könnten wir diese benutzen. Besser als nichts, denken wir.
Diese Waschmaschine ist zwar völlig kaputt, aber nach dem Umlegen eines Schalters kann sie immerhin noch Wasser hin und her pumpen, und das reicht uns erstmal. Mit der Wassermenge, die wir dabei verbrauchen, könnte man mit unserer Maschine daheim vermutlich ein ganzes Jahr lang waschen, aber wir befinden uns hier in einer der nassesten Regionen der Welt, da sollte der Wasserverbrauch hoffentlich nicht ein Problem sein.
Obwohl, uns wurde die letzten Tage immer wieder erzählt, dass dieser Sommer der trockenste Sommer seit Ewigkeiten ist und dass es seit Monaten nicht mehr geregnet hat.
Und dann, kaum haben wir unsere Wäsche aufgehängt, fängt es zu regnen an!
Später erfahren wir, dass das, was da gerade vom Himmel kommt, hier nicht als Regen gilt. Aber trotzdem wird so unsere Wäsche natürlich nicht trocken. Aber mehr als das zu tun, was hier alle tun, nämlich die Wäsche einfach hängen lassen, können wir auch nicht machen. Vielleicht trocknet sie ja morgen.
Land: | Kolumbien |
Ort: | El Valle |
Reisedatum: | 02.03.2024 |
Autor: | Manuel Sterk |
Veröffentlicht: | 23.03.2024 |
Leser bisher: | 59 |
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