In Panama ist es ziemlich einfach, eine Reiseroute zu planen, da es nur eine einzige Fernstraße durch das Land gibt, nämlich die Panamericana, die hier allerdings Interamericana genannt wird.
Diese Straße kommt von Costa Rica aus in das Land, führt nach Panama-Stadt und von dort weiter bis in die Region Darién an der Grenze zu Kolumbien, wo sie sich im Dschungel verliert.
Die Herausforderung ist also nur, den Weg zur Panamericana hin und an der richtigen Stelle wieder weg zu finden.
200 Kilometer in sechseinhalb Stunden
Wir steigen in Pedasí in einen Minibus ein, der uns nach Las Tablas bringt. Die Busfahrerin ist während der gesamten Fahrt am telefonieren, wobei sie bei vermutlich wichtigen Gesprächen sogar extra anhält, was natürlich im Interesse der Verkehrssicherheit zu begrüßen ist, aber die Reisegeschwindigkeit nicht gerade erhöht.
Trotz des späten Ankommens bekommen wir in Las Tablas sofort einen Anschlussbus nach Chitré, wo wir dann in einen weiteren Bus umsteigen, der uns endlich zur Panamericana bringt. Den ersten Schritt haben wir somit geschafft.
In Santiago steigen wir aus und verlassen die Panamericana auch schon wieder.
Der Busbahnhof von Santiago ist ziemlich stressig: Zu jedem Bus wird einem der Name des Zielorts entgegen geschrien, und da hier Busse beinahe überallhin abfahren, ist das eine Kakophonie aus den gesammelten Ortsnamen Panamas. Man kann hier keinen Meter gehen, ohne einen weiteren Ortsnamen in die Ohren gebrüllt zu bekommen.
Die hier überall angebrachten Schilder scheinen nicht wirklich beachtet zu werden: „Lärm machen verboten. Nicht schreien“
Wir versuchen, an den Ortsnamensschreiern vorbei zu kommen und suchen die Toiletten. Dann kaufen wir noch eine Kleinigkeit zu essen und sind nun bereit für die nächste Etappe:
In einem völlig überfüllten Minibus geht es eineinhalb Stunden lang über eine Schlaglochpiste in die Berge, nach Santa Fé.
Am Ende dieser Holperfahrt tut mir zwar alles weh, aber wir sind endlich an unserem Ziel angekommen. Rund 200 Kilometer haben wir heute zurückgelegt. Und haben dafür nur sechseinhalb Stunden gebraucht ;-)
Die Kampfhahnzucht
Im ersten Hostel, das wir finden, nehmen wir ein Zimmer. Auf eine ausgedehnte Unterkunftssuche haben wir keine Lust mehr, zumal das Angebot hier auch ziemlich eingeschränkt ist.
In unserem Zimmer gibt es zwar kein warmes Wasser, was in der durchaus etwas kühleren Bergregion vielleicht nicht ganz optimal ist, aber dafür gibt es hier auch keine Klimaanlagen und keine Fernseher, die aus den Nachbarzimmern lärmen könnten. Und somit freuen wir uns auf etwas Ruhe.
Noch können wir nicht wissen, dass in unserem Nachbarzimmer ein US-amerikanisches Paar wohnt, das einen Laptop mit beeindruckendem Lautsprechersystem besitzt, über den sie die ganze Zeit fernsehen. Warum man extra in die Berge Panamas reist, um dann in einem Hostelzimmer fernzusehen, erschließt sich mir irgendwie nicht.
Zudem sorgen die zahlreichen Ventilatoren, die sie dabei laufen lassen, für ein Brummen und Rauschen, das einer Klimaanlage in nichts nachsteht. Das mit der Ruhe wird also doch nichts.
Und dann ist da noch die Kampfhahnzucht, die sich hier um die Ecke befindet. Unglaublich, was sich für ein Geräuschpegel durch das kontinuierliche Schnattern, Kreischen und Krähen in jeweils abwechselnder Intensität entwickelt.
Aber vorallem tun einem die Tiere leid, die da eingezwercht in ihren Käfigen ausharren, bis sie sich in einem Wettkampf zur Belustigung von uns Menschen gegenseitig umbringen dürfen.
Die Weltverschwörung
Ein weiterer Gast des Hostels kommt mit besorgtem Blick um die Ecke. Ein Deutscher. Zur Begrüßung fragt er uns, ob bei uns das WLAN auch nicht funktionieren würde.
Und dann gehen die Ventilatoren und der Laptop-Fernseher aus. Stromausfall. Endlich Ruhe!
Der US-Amerikaner kommt aus seinem Zimmer und erklärt das Offensichtliche, nämlich dass es keinen Strom mehr gibt. Wir erfahren, dass es bereits gestern über mehrere Stunden hinweg keinen Strom gab, was wohl ganz schrecklich war, so wie es sich anhört.
Nun ja, wir hatten kürzlich bis in den Nachmittag hinein keinen Strom und in der Folge davon zudem kein Wasser, und das einzige Problem, das sich daraus für uns ergab, war, dass ich für die Klospülung einen Eimer voll Wasser aus einem Container organisieren musste. Aber klar, wenn man nun nicht mehr fernsehen kann, ist das natürlich ganz schlimm.
Der Deutsche erzählt, dass er bereits seit über einem halben Jahr in Panama ist und davon seit einem Monat hier in Santa Fé. Er möchte sich ein Stück fruchtbares Land mit Wasserzugang kaufen, um sich dort selbst versorgen zu können.
Wenn ich es richtig verstanden habe, ist es nämlich so, dass in Europa und insbesondere in Deutschland alles ganz schlimm ist und noch viel schlimmer wird und demnächst das ganze System zusammenbricht. Dies wurde vor Jahren bereits so geplant, wobei mir nicht ganz klar wird, von wem genau.
Jedenfalls ist er deswegen hier mit seiner Idee zur Selbstversorgung.
Wir wünschen ihm viel Glück für sein Vorhaben. Das wird er brauchen, denken wir.
Im Grünen
Wir sind aber weder hergekommen um fernzusehen, noch um Grundstücke zu kaufen, sondern weil wir die grüne Bergwelt um Santa Fé herum genießen möchten.
Und das machen wir dann auch in mehr oder weniger ausgedehnten Spaziergängen.
Der erste Spaziergang führt auf mitunter imposanten Brücken über Flüsse, oder, wenn von den Brücken nicht mehr viel übrig ist, durch Flüsse hindurch.
Die in Bäumen hängenden Vogelnester, die so angebracht sind, dass Affen sie von den Ästen aus nicht erreichen können, deuten nach unserer Erfahrung darauf hin, dass es hier eben diese Affen gibt, aber wir sehen nirgendwo welche. Schade. Vermutlich sind wir zur falschen Tageszeit unterwegs.
Mitten im Grünen hören wir plötzlich zusätzlich zu dem lauten Pfeiffen der Zirkaden eine Waschmaschine.
Eine Waschmaschine?
Und tatsächlich, ein Stück weiter entdecken wir ein kleines Haus.
Santa Fé
Nach ein paar Kilometern kommen wir zu einer Straße, die zurück nach Santa Fé führt.
Dort staunen wir dann über einen Fußgängerüberweg, der direkt in den Wassergraben führt:
Am Straßenrand wächst hier Kaffee. Und überhaupt ist es schön grün hier.
Santa Fé ist ein wirklich entspannter und angenehmer Ort und als Ausgangspunkt für Wanderungen perfekt. Hier kann man es problemlos ein paar Tage aushalten. Auch ohne fernzusehen.
Ein Dorf versteckt sich vor uns
Bei der letzten Wanderung während unseres dreitägigen Aufenthalts in Santa Fé kommen wir vom geplanten Weg ab, was dazu führt, dass sich ein ganzes Dorf vor uns versteckt. Das ist Anlass genug für eine eigene Reiseerzählung: Cerro Tute - Falsch abgebogen
Land: | Panama |
Ort: | Santa Fé |
Reisedatum: | 16.03.2023 - 19.03.2023 |
Autor: | Manuel Sterk |
Veröffentlicht: | 19.03.2023 |
Leser bisher: | 112 |
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